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Kirchspiel Schönberg

Lockwisch


Locwisc, „Sumpfort"; 1194 Kapitelsdorf, Reihen- oder Straßendorf; vor beiden Dorfeingängen Außenbrink und Trift; Hirtenkaten am Südeingang. Ursprünglich 11 Stellen. Der Ort diente zum Unterhalt von zwei Domherren, die hier bis 1600 Wohnung bezogen hatten. 1219 besaß Graf Albert von Orlamünde noch Rechte an zwei Hufen. 1292 sind 10 Hufen dem Herzog von Sachsen-Lauenburg zu Burg- und Brückenwerk verpflichtet. 1301 wurden Einkünfte aus dem Dorf zu Brot und Bier der Domherren bestimmt. 1392 bestimmte Bischof Gerhard von Holtorp eine Rente aus Lockwisch, die er durch Auslösung eines vom Domkapitel verpfändeten Zolls in Lübeck gewonnen hatte, zu seiner eigenen Seelenmesse. 1527 leisteten die Hauswirte dem Hof Lockwisch drei Tage Dienste im Jahr, davon zwei im Spann und einen mit der Hand. Dafür bekamen sie Erntebier. Später dienten sie jährlich an fünf Tagen mit Spann und zwei Tage mit der Hand. In der Ernte erhielten sie alle zusammen ein Biergeld von dreizehn Talern 29 Schill. Dies waren bei weitem die geringsten Dienste im ganzen Fürstentum. Die Regulierung erfolgte 1815; Feldmark von 581 ha. Die Hauswirte verpflichteten sich dabei nach Aufhebung ihres Hofdienstes nach Hof Lockwisch, sowie der Zehntenabgabe und Schafabtritt, als auch der bisherigen Zahlung von Dienst-, Monats-, Pacht-, Hühner-, Schweine-, Lämmer- und Fuhrgeld zu einem Grundzins von 90 Scheffel. An den Hof Lockwisch traten sie 12.600 Quadratruten schwersten Ackerbodens u.a. im „Lockwischer Schlag" ab. Weitere 20.900 Quadratruten traten sie an die herrschaftliche Forst ab. 1939 hatte das Dorf 149 Einwohner.

Im Mai 1945 stauten sich auf der Bahnstrecke Schönberg-Lübeck mehrere Lazarettzüge. Zwischen den beiden Lockwischer Brücken standen tagelang drei Züge, ein weiterer im Schönberger Bahnhof. Familie Schleuß und andere Lockwischer brachten Milch und Essen. Aus diesen Zügen wurden am Kilometer 14,8 an Seite zu Hof Lockwisch 13 Leichen in vier Gräbern bestattet, die am 08.April 1948 nach Schönberg überführt und dort vor dem Kreuz der Gefallenen des zweiten Weltkrieges bestattet wurden.

Noch im Oktober/November erfolgten Umsiedlungen von Flüchtlingen in die Westzonen. Der letzte Zug fuhr am 12.Januar 1946. Als am 28.April 1946 die Russen kamen, flüchteten insgesamt 17 Personen. Am 29.Oktober 1946 zählte das Dorf Lockwisch 320, Hof Lockwisch 141 Einwohner. Eingemeindet wurde Petersberg. Die drei Gemeinden hatten 1971 noch 400 Einwohner. 1994 waren es 287. 1952 wurde die Molkerei geschlossen, das Gebäude zur Schule umgebaut und im Gebäude der ehemaligen Schule ein Konsumladen eingerichtet. Im Dorf wurden während der DDR-Zeit am Abzweig Grimm Siedlerhäuser gebaut, am Dorfende ein weiteres. Um 1960 entstanden an der Straße drei Mehrfamilienhäuser. Die alten Bauernhäuser verfielen jedoch immer mehr. Von den sechs Hallenhäusern blieb nur Hof VI stehen. Hof IV wurde ganz abgerissen. Hof III ist nur noch eine Ruine. Der Weg nach Hof Selmsdorf wuchs zu. Am Dorfausgang errichtete die sowjetische Besatzungsmacht eine Radarstation mit einer kleinen Garnison, die im östlichen Verteidigungssystem eine wichtige Rolle spielte. Bereits am 23. Oktober 1952 hatte sich unter Vorsitz von Bernhard Boddin die LPG „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ gebildet. Am 31. März 1953 folgte die LPG „Aufbau“, aus der 1969 die Pflanzenproduktion ausgegliedert wurde, die später der LPG „Niendorf“ angeschlossen wurde. Vorsitzende waren Joachim Schumann, Hans Dieter Evers, Max Greinke, Erich Schmöker, Reinhard Frank und Alfred Kopp. Die LPG ging ab 1. Februar 1991 in Liquidation. Nach der Wende baute der Besitzer von Hof I am Abzweig nach Rupensdorf neu. 1996 wurden einige Häuser (Schule, Büdnereien 1 und 2) gründlich renoviert und modernisert.

Eng verknüpft mit der Geschichte des Dorfes ist der Hof Lockwisch, der vermutlich aus der slawischen Siedlung Klein Lockwisch hervorgegangen ist, in deren unmittelbarer Nähe sich ein alter wendischer Burgwall mit Steilrand und Wallresten befindet, vielleicht der Mittelpunkt der slawischen terra Boytin ? Schon 1336 wird der Hof Klein Lockwisch mit der Mühle genannt. Die Einkünfte von beiden werden 1372 dem Dompropst zugelegt, der sie 1443 dem Prior zurückgab und endgültig nach Mechow ging. 1425 hatte der Vogt zu Travemünde, Tydekinus Oldendorp, Besitz in Lockwisch. In einer Fehde von 1505 zwischen Lübeck und Mecklenburg, die ihren Ursprung in Meinungsverschiedenheiten über die Fischereigerechtigkeit auf der Stepenitz hatte, brannte der Hof ab. Er wurde erst 1575 nach etlichen Verhandlungen mit Herzog Christoph von Mecklenburg, der eine Beeinträchtigung der Weiden für die Höfe in Selmsdorf und Schönberg befürchtete, wieder aufgebaut. 1598 war er mit Lauen zugunsten des Domdechanten verpachtet. Seit der Säkularisation war der Hof Lockwisch, zu dem auch das Vorwerk Westerbeck gehörte, Domäne. Westerbeck trägt seinen Namen von der in den Schäferteich fließenden Westerbäk. Wie das Vorwerk entstanden ist und wann es zum Hof gelegt wurde, läßt sich nicht genau sagen. Es war wohl ursprünglich nur eine Schäferei - als solche ist Westerbeck bereits Mitte des 17. Jahrhunderts bezeugt. 1702 wurden in der „Schäfferey, alß die zu Westerbeck bey Lockwisch“ 300 Schafe gehalten. Später waren dort auch eine Holländerei und die Wohnung eines Untervogts. Die Regulierung erfolgte 1803. 1905 umfaßte der Hof rund 294 Hektar. 1921 wurden 55 ha für drei Erbhofstellen abgetrennt, aus denen die neue Hofstelle X entstand.